Exploratives Branding entdeckt das wahre Potential von Marken.
Kreatives Branding oder analytisches Branding ist fast eine Grundsatzfrage. Entdecke ich das Potential einer Marke primär im Vorhandenen oder erfinde ich es aus dem Möglichen? Und wie weit darf ich mich dann aus dem Fenster lehnen, ohne meine Identität zu verlieren?
In der heutigen Welt schaut man vor allem auf Daten. Analysen, KPIs und Dashboard. Die Zeit der Markenexploration scheint vorbei zu sein. Es lohnt ein genauerer Blick, wie ich finde. Denn sonst verschenkt man das wahre Potential einer Marke.
„Wissenschaft, Ingenieurswesen, Design and Kunst — die antidiziplinäre Hyphothese: Wissen kann nicht einer Disziplin zugeschrieben, in einer Disziplin geschaffen werden, sondern ist ineinander verwoben.“, sagt Designerin und MIT Professorin Neri Oxman.
Nach Oxman folgt die Welt der „erschaffenden Disziplinen“ einem System, wie bei einem chemischen Prozess. Vergleichbar mit dem Zellmetabolismus in uns allen. Keine Disziplin kann ohne die andere existieren und ohne die andere am Ende etwas wirklich Neues erschaffen.
„Es ist die Aufgabe der Wissenschaft die Welt um uns herum vorherzusagen – sie macht aus Daten ein empirisches Wissen. Das Ingenieurswesen macht aus diesem statistischen Wissen physische Lösungen. Design gestaltet Lösungen, die die beste Funktionalität ermöglicht und macht sie Menschen zugänglich. Erst das Design „konvertiert“ damit Lösungen in menschliches Verhalten. Die Kunst dagegen hinterfragt explorativ menschliches Verhalten und schafft daraus Aufmerksamkeit für die Welt um uns herum und weckt das Potential für Neues“, so Oxman.
Damit ist aus Oxmans Sicht der Kreislauf komplett und neue Sichtweisen sind entstanden, die die Welt wieder ein Stückweit verändern und damit den Metabolismus neu starten.
Wenn sich eine Marke für die Zukunft neu ausrichtet schauen wir immer nach vorne. Nach Oxman startet der Prozess demnach mit der „Aufmerksamkeit für menschliches Verhalten und dem Potential, das sich daraus ergibt“. Das bedeutet es gilt nicht zu forschen, zu entwickeln, zu gestalten und dann zu explorieren – ganz im Gegenteil: Der Start muss immer explorativ sein, sonst wühle ich nur im Alten, bestätige was alle eh schon wissen und lande im Misthaufen der generischen Markenwerte. Innovativ, Kundenzentriert, Qualität und Co. Ihr wisst schon, welche ich meine.
Exploration ist der Schlüssel zum Potential einer Marke, Daten der Treibstoff der Kreativität.
Solche Marken müssen, wie in der Kunst, zuerst explorativ entwickelt werden. Neue Sichtweisen geschaffen und gedacht werden. Diese Sichtweisen basieren auf menschlichem Verhalten – einem Verhalten, das im Business-Kontext natürlich durchaus lösungsgetrieben sein darf. Daten spielen hier auch eine Rolle – sie definieren unser Spielfeld und geben Impulse, aber keine Sicherheit und keine direkten Antworten. Megatrends, psychologische Modelle, Milieu-Studien, oder Limbic ebenso wie alle die Bits & Bytes die aus den Kommunikationskanälen tropfen, dienen als Inputgeber und Bewertungsmaßstab. Erwartet keine Erkentnisse, sondern seht sie als Treibstoff und Leitplanken der Markenexploration.
Yannis Kotziagkiaouridis von der weltweit führenden Dialogmarketingagentur Wunderman sagt mal:
„Brands need to be relevant. Relevance means powerful emotional connections. To create those, you need data“
Das was hier entsteht, auf dem Spielfeld der Möglichkeiten, das ist Gegenstand der Analytik. Passt es zu unseren Werten, unseren Fähigkeiten, unserer Kultur als Marke? Was nehmen wir uns vor?
Natürlich beißt sich die Katze hier in den Schwanz – schließlich muss ich Werte und Kultur kennen, aber so ist das mit einem Kreislauf und Oxmans Theorie: Wissen kann nicht einer Disziplin zugeschrieben, in einer Disziplin geschaffen werden, sondern ist ineinander verwoben.