Die Kommunikation des Vertrauens
Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) stellte zuletzt erneut fest: „Die uralten Begriffe Vertrauen und Sicherheit erleben gerade seit der Geburt unseres digitalen Zeitalters eine Renaissance.“. Tatsächlich braucht es dafür keine Untersuchung. Der Begriff „fake news“, aus der Administration rund um Präsident Donald Trump, war ein Paradigmenwechsel. Er sagte vor allem: Dem Internet ist nicht zu trauen. Glaube nicht den Medien. Glaube eher deiner (digitalen) Community.
Aber was bedeutet das für professionelle Kommunikation? Für Marken und Marketing? Gerade in Sektoren wie Healthcare, wo Vertrauen eine Grundvoraussetzung für die digitale Kommunikation darstellt. Oder Finanzen, wo seit 50 Jahren auch der Sparkassen-Azubi im Anzug am Schalter steht, um genau dieses Vertrauen in „textiler Form“ herzustellen?
Vertrauen ist ein integraler Bestandteil der Marketing Kommunikation
Kommunikation basiert immer auf Vertrauen. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage ist nicht ständig ad-hoc überprüfbar, denn sonst funktioniert eine normale Kommunikation nicht. Ich muss einfach daran glauben, dass der Andere mir gerade die Wahrheit sagt. Alles andere ist anstrengend. Ob mein Gegenüber mich gerade belügt, kann ich als Mensch an unterschiedlichen Faktoren erkennen – sei es die Beobachtung der Körpersprache oder ein gedanklicher Check mit meinem Wissen zum besprochenen Thema. Aber der entscheidende Faktor ist meine Beziehung zu dem Menschen, mit dem ich gerade kommuniziere. Vertrauten Menschen, beispielsweise guten Freunden, traue ich mehr. Bei intimen Beziehungen verlasse ich mich sogar blind auf die Aussagen des Anderen. Das ist nicht neu, wurde es doch schon vor 30 Jahren von Crosby/Evans/Cowles als zentraler Erfolgsfaktor für das Dienstleistungmarketing beschrieben.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Pluralität der Quellen meiner Informationen. Höre ich eine Meinung mehrfach von verschiedenen Menschen, so glaube ich diese Information eher. In einer Studie der Universität Ulm aus dem Jahr 2019 wurden 1681 Probanden gefragt, wie viele Nachrichtenquellen im Online- und Offlinebereich sie nutzen. Die Forscher fanden heraus, dass viele Probanden sich fast nur online informieren. Wählen sie dabei nur sehr wenige Quellen aus, laufen sie Gefahr, nur noch das angezeigt zu bekommen, was laut Algorithmus ohnehin ihrer bereits bestehenden Meinung entspricht. Ein Effekt, der sich massiv verstärkt, wenn ich mich in Social Media zusätzlich noch mit Menschen vernetze, die ebenfalls die gleiche Meinung haben. Es bilden sich Communities, oder anders formuliert: „Filterblasen“.
Wenn sich Meinungsbildung heute in digitalen Netzwerken vollzieht, beispielweise in der Politik, oder im Gesundheitswesen (z.B. „Impfgegener“), muss das eigentlich für die professionelle Markenkommunikation eine hohe Bedeutung haben, oder?
Ich komme zurück auf die DIVSI Studie – „Die uralten Begriffe Vertrauen und Sicherheit erleben gerade seit der Geburt unseres digitalen Zeitalters eine Renaissance“. Unternehmen und Marketing haben sich in den letzten Jahrzehnten im Wesentlichen auf individuelle Kaufentscheidungen konzentriert. Und damit liegen sie wohl zukünftig falsch.
Der mündige und mit Marketingbotschaften überschwemmte Konsument von heute braucht nicht noch mehr Argumente für die eigene Entscheidung. (Siehe Edelman ) Der Konsument sortiert was relevant ist und was nicht, vermehrt auf Basis des Vertrauens in den Absender der Kommunikation. Ein Vertrauen, das in der Beziehung zum selbigen begründet ist. Aber der Effekt hat sich digital verstärkt. Ist der Absender auch Teil meiner Community? Teilt er meine Meinung, Haltung, Werte? Stehe ich mit der Markt in meiner Community gut da? Ist die Marke gar ein Erkennungszeichen meiner Community?
Das Zusammenspiel von Marke und Marketing verändert sich
Im digitalen Marketing definieren wir Relevanz bislang ganz anders. Relevant ist heute was im richtigen Moment, der richtigen Person, auf dem richtigen Device im richtigen Format gezeigt wird. Quasi Marketing-Logistik.
Stattdessen müssen wir darüber reden, in welchen Netzwerken befindet sich eine Person, welche Werte sind der Zielgruppe wichtig, welche Haltungen hat dieser Mensch und sein Netzwerk aus Beziehungen. Und was treibt diesen Menschen an? Was für eine Visualität umgibt diese Communities, welche Ängste haben diese Menschen? Nur wenn wir auch in diesen Netzwerken eine Resonanz erzeugen mit unserer Marke, unserem Content, unserem Design, dann bekommen wir das Vertrauen der Zielgruppe. Und nur dann können wir zukünftig in dieser Zielgruppe erfolgreich sein.
Marketing wird dadurch wieder weniger Logistik und mehr Kommunikation. Und ganz ehrlich – das ist auch gut so.